Rechtsanwalt in Hannover feiert Jubiläum

Widerruf der privaten Dienstwagennutzung während der Freistellung

Wer einen Dienstwagen auch privat nutzen darf, erhält mit diesem Vorteil häufig einen spürbaren Mehrwert zum Gehalt. Doch was gilt, wenn der Arbeitgeber nach einer Kündigung während der Freistellung den Dienstwagen zurückfordert?

Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem aktuellen Urteil die Rechtslage hierzu weiter präzisiert.

Worum ging es in dem Fall?

Der Kläger war als kaufmännische Leitung bei einem Träger von Seniorenzentren beschäftigt und verdiente monatlich über 10.000 € brutto. Ihm stand laut Arbeitsvertrag ein Dienstwagen der Mittelklasse zu, der ausdrücklich auch privat genutzt werden durfte. Die Privatnutzung wurde monatlich als geldwerter Vorteil mit 457 € brutto versteuert.

Im Mai 2023 kündigte die Arbeitgeberin betriebsbedingt und stellte den Kläger sofort unwiderruflich frei. Gleichzeitig wurde die Rückgabe des Dienstwagens verlangt, was der Kläger auch tat. Für die entgangene Privatnutzung verlangte er für die Restlaufzeit seines Arbeitsverhältnisses eine Nutzungsausfallentschädigung.

Die arbeitsvertragliche Regelung im Fokus

Im Arbeitsvertrag war in einer sogenannten Widerrufsklausel festgelegt, dass die Privatnutzung insbesondere dann widerrufen werden kann, wenn das Arbeitsverhältnis gekündigt ist und der Arbeitnehmer von der Arbeitsleistung freigestellt wird. Ein Anspruch auf Ausgleichszahlung sei in diesem Fall ausgeschlossen.

Wie hat das BAG entschieden?

Das BAG hat dem Kläger eine Nutzungsausfallentschädigung für den Zeitraum vom 23. bis zum 31. Mai 2023 in Höhe von 137,10 € brutto zugesprochen, nicht aber für die Folgemonate bis zum Vertragsende. Die wichtigsten Leitlinien des Urteils sind:

1. Wirksamkeit der Widerrufsklausel

Das BAG hat zunächst klargestellt, dass eine arbeitsvertragliche Klausel, die die Privatnutzung des Dienstwagens während einer Freistellung nach Kündigung widerruflich macht, grundsätzlich wirksam ist. Sie hält sowohl der AGB-Kontrolle (§§ 305 ff. BGB) stand als auch dem Transparenzgebot. Für den Arbeitnehmer ist durch die Klausel ausreichend klar, unter welchen Bedingungen der Widerruf droht und welche wirtschaftlichen Folgen dies hat – gerade weil der steuerliche Wert des Vorteils in den Gehaltsabrechnungen nachvollziehbar ist.

2. Materielle Anforderungen an den Widerruf

Der Widerruf der Privatnutzung ist jedoch nur zulässig, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer wirksam freigestellt hat. Dies war hier nach Ansicht des BAG der Fall, da die Aufgaben des Klägers nachweislich weggefallen waren und die Freistellung deshalb auf einer rechtmäßigen unternehmerischen Entscheidung beruhte.

3. Billiges Ermessen – Widerruf nur zum Monatsende

Entscheidend war schließlich, dass der Widerruf nicht beliebig, sondern nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) erfolgen muss. Die Arbeitgeberin hatte den Dienstwagen bereits am 23. Mai zurückverlangt. Das BAG entschied aber, dass der Widerruf in der Regel nur zum Monatsende billigem Ermessen entspricht, weil steuerrechtlich der geldwerte Vorteil für den vollen Monat versteuert wird, auch wenn das Fahrzeug bereits früher abgegeben wird. Ein Arbeitnehmer würde dadurch wirtschaftlich schlechter gestellt – und genau das ist unbillig. Daher musste die Arbeitgeberin für den restlichen Mai eine Nutzungsausfallentschädigung zahlen, nicht jedoch für die Folgemonate.

Praktische Auswirkungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Für Arbeitgeber:

  • Widerrufsklauseln zur privaten Nutzung von Dienstwagen sind zulässig, müssen aber transparent und kalkulierbar formuliert sein.
  • Ein Widerruf während der Freistellung nach Kündigung ist grundsätzlich möglich, aber nur wirksam, wenn die Freistellung rechtmäßig erfolgt ist.
  • Achtung: Der Widerruf darf nicht „mitten im Monat“ erfolgen, sondern nur zum Monatsende, wenn keine besonderen Gründe vorliegen. Andernfalls entsteht ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung.

Für Arbeitnehmer:

  • Die private Nutzung des Dienstwagens ist als Vergütungsbestandteil besonders geschützt und kann nicht willkürlich entzogen werden.
  • Wird der Dienstwagen vor Monatsende zurückgefordert, besteht ein Anspruch auf eine anteilige Entschädigung – und zwar als Bruttobetrag, der wie der geldwerte Vorteil versteuert werden muss.

Das Urteil des BAG sorgt für Rechtsklarheit, aber auch für zusätzliche Pflichten auf Arbeitgeberseite: Wer Dienstwagenregelungen trifft, sollte Widerrufsklauseln klar und verständlich gestalten – und bei der Rückgabe des Fahrzeugs stets das Monatsende als Stichtag anpeilen. Arbeitnehmer wiederum können sich darauf verlassen, dass sie wirtschaftlich nicht schlechter gestellt werden, als es das Steuerrecht ohnehin vorsieht.

Praxistipp für Unternehmen: Prüfen Sie bestehende Dienstwagenregelungen und passen Sie Widerrufsklauseln ggf. an. Bei Freistellung nach Kündigung sollte der Entzug der privaten Nutzung stets rechtzeitig zum Monatsende angekündigt werden, um Kostenrisiken zu vermeiden.

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